"du bist keine Schönheit" sang herbert und ich war begeistert. konnte es einen schöneren beginn für eine liebeserklärung geben?
erst sehr viel später begriff ich, dass er keine frau meinte.
damit machte das lied zwar plötzlich viel mehr sinn, aber der satz war geprägt, der sinn festgelegt. die melodie begleitet mich seitdem in allen möglichen und unmöglichen kontexten.
augestattet mit einfühlungsvermögen und empfangsbereitschaft stets auf der suche nach sendenden frauen.
viele kommunizieren mit dem gesicht, andere mit der körperhaltung, doch in den meisten fällen ist die maske offensichtlich. die hohlform, in die sie sprechen, das gerüst, das den körper aufrecht hält.
interessant nur die seelensendenden.
doch: die stärksten signale als die schönsten missdeutet, zu oft die schreienden gefunden.
ledaeth - 24. Jun, 20:26
- zeitalter der menschen -
- zeitalter der machinen -
- zeitalter der informationen -
? zeitalter der emotionen ?
ledaeth - 7. Mai, 19:53
wenn noch jemand zweifel daran hat, dass wir in einer spaßgesellschaft leben, dann schaue er/sie/es sich die sportunfallstatistik an: eine zivilisation, deren mitglieder es sich leisten können, ihren körper aus reinem vergnügen zu verstümmeln...
ledaeth - 5. Mai, 11:46
"Hey, hallo! Du bist doch unser Lieblingstaxifahrer! Als wir da zu dieser Party gefahren sind. Erinnerst du dich?" fragt er seine Begleiterin.
"Ich bin mir nicht ganz sicher. War ich da dabei?"
"Ja, du warst dabei", kann ich bestätigen.
"Oho, wir haben anscheinend Eindruck hinterlassen", freut er sich und ich halte meine Klappe.
"Und, wie sieht’s aus, Studium beendet?"
"Ja."
"Und was machst du dann jetzt?"
"Ich hab ’nen Job in Karlsruhe ab Mai."
"Echt, als was denn?"
Ich schweige einen langen Moment und überlege, was ich preisgeben will und was nicht. Es herrscht eine Weile Schweigen im Wagen. Die Straße rumpelt unter uns dahin, während ich mit mir ringe.
"Das verrate ich nicht."
"Und warum ist das so top secret?"
Es gibt nichts mehr zu verlieren und ich wage Ehrlichkeit. "Ist kein großes Geheimnis. Ich bin mir nur nicht sicher, ob ich dir davon erzählen möchte." Er scheint unsicher, wie das gemeint ist und ich helfe ihm: "Ich glaube, ich will dich lieber im Ungewissen baumeln lassen."
Er ist verständlicherweise vor den Kopf gestoßen und braucht einen Moment, den Rückschlag zu verarbeiten.
"Jedenfalls ist das das letzte Wochenende. Ich höre dann hier auf", starte ich einen Ablenkungsversuch zur Rettung der Stimmung.
"Och, nee, wie schade. Na dann jetzt aber raus mit der Sprache: Warum magst du keine Verbindungen?"
Es ist halb sechs Uhr morgens und ich bin nicht zwangsweise auf tief schürfende Gespräche aus. Zudem ist die Frage keine ganz einfache, denn ich habe mir noch nie wirklich Gedanken darüber gemacht, was genau es ist, das mich Verbindungen so abstoßend finden lässt.
"Och Mensch, muss das sein?" Dann zum Glück eine schnelle Erkenntnis. "Ich mag einfach generell kein Geklüngel."
"Was heißt Geklüngel?"
Sie schaltet sich ein: "Du meinst Netzwerke?"
Das Wort scheint mir unpassend, es ist zu abgenutzt und bedeutungslos und schreit geradezu 'Auswendig gelernte Phrase!' Leider fällt mir auf die Schnelle kein passenderes ein.
"Genau. Geschlossene Netzwerke, die sich elitär vorkommen."
Er schweigt. Ist er getroffen? Oder muss er nur umdenken, weil seine üblichen Argumente gegen die Vorwürfe von rechtem Gedankengut und Frauenfeindlichkeit nicht mehr passen? Dafür wird sie umso lebendiger.
"Das heißt also: ins Kloster gehen?"
Ich bin irritiert, frage mich, was das mit dem Thema zu tun hat. Ist aber auch egal, denn dann fällt mir der Fehler auf. "Das wäre ja noch schlimmer."
Sie hat mein Zögern bemerkt. "Ich meine, so im Sinne von Abschottung von der gesamten Welt."
Im Gegensatz zu ihm wirkt sie sehr klar und nüchtern, so dass ich mich fragen muss, ob sie mir gerade drei Gedankenschritte voraus ist – nämlich dass der Beziehungs-Filz überall ist und man nur eine Chance hat, wenn man nach den üblichen Regeln mitspielt und sich ansonsten eben aus allem raushalten muss –, oder ob sie nicht verstanden hat, dass ein Kloster ebenfalls ein geschlossenes Netzwerk darstellt und mir nur einen weiteren Gemeinplatz entgegengeschleudert hat. Ich tendiere zu letzterem.
"Ja, schon klar, aber das ist ja dann quasi noch eine Steigerung der Geschlossenheit und bietet keine Lösung."
Dass die Lösung, die ich mir wünschen würde, Offenheit gegenüber allen Mitmenschen, eine allgemeine, allübergreifende Kommunikation auf gleicher Augenhöhe und daraus abgeleitete Chancengleichheit beinhalten würde, bleibt unausgesprochen, denn wir sind am Zielort angekommen. Während ich den Preis bekannt gebe und er sein Geld hervorkramt, startet er noch einen letzten, plumpen Versuch.
"Also, was machst du jetzt."
Inzwischen bin ich meiner Sache sicher: "Sag ich dir nicht."
"Das würde mich doch aber so sehr interessieren."
Ein hämisches Grinsen schleicht sich auf mein Gesicht. "Ich weiß. Sonst würde es ja auch nur halb so viel Spaß machen."
Das Trinkgeld kann ich mir abschminken.
"Na dann: Ich wünsche euch ein schönes Leben, wir werden uns nie wieder sehen."
"Danke, dir auch", wünscht sie, augenscheinlich aufrichtig, zurück.
Ich brause ab und fühle mich fantastisch.
Am nächsten Morgen komme ich mir unglaublich gemein vor. Die Freude ist schal und ich muss ein gewisses Bedauern unterdrücken, nicht anders gehandelt zu haben.
Aber sie hat es sowieso locker genommen, insofern kann ich mein schlechtes Gewissen ohne größere Probleme regulieren.
ledaeth - 29. Apr, 12:18
mit guter fantasy-literatur ist das so eine sache. einerseits will man entführt werden in fremde welten, andererseits braucht man ein gewisses maß bekanntheit, um sich zurechtzufinden. einerseits hängt der schatten des monumentalwerkes von tolkien über dem gesamten genre, andererseits sind dessen bilder längst ausgereizt.
clive barker hat mit "abarat" eine bunte welt geschaffen, die (auch wenn der vergleich überstrapaziert ist) an mtv-werbeclips erinnert: krank, verzerrt, bunt und schnell. gute ideen für kraftvolle bilder, auch wenn die logik stellenweise hintenanstehen muss. er hat etwas neues geschaffen.
aber leider gibt es dabei ein problem, nämlich die unglaublich uninspirierte sprache: der alltägliche sprachduktus, die banale wortwahl. hier werden vor farben und monstrositäten überquellende bilder gezeichnet, aber mit dickem pinsel und ungelenkem strich. sie entwickeln ihre leuchtkraft aus der ferne, also beim einem an schnellem handlungsfortgang orientierten überfliegen des textes. wenn man näher herantritt, und sich die genaue beschaffenheit des gewebes anschaut, kann man nicht umhin, die groben striche und ausfasernden ränder zu bemerken.
ob das dem übersetzer anzulasten ist, oder dem autor, entzieht sich meiner kenntnis. jedenfalls fand ich mich nach anderthalb büchern dieser reihe entnervt aufgeben und zum rückzug antreten auf einen klassiker, dessen lektüre lange genug her war, um einen neukauf zu wagen: "die abenteuer von fafhrd und dem grauen mausling".
in fritz leiber haben wir einen an shakespear ausgebildeten autor. dieser vergleich ist zwar ebenso übertrapaziert, aber zum glück ist das nicht als vergleich gemeint, sondern biographische tatsache. mit punktgenauen worten beschreibt leiber relativ einfache szenerien und abläufe (die einer gewissen originalität durchaus nicht entbehren) derart kunstvoll, dass man jeden satz, jedes wort genussvoll aufsaugt und nur wie nebenbei bemerkt, dass hier eine spannende geschichte erzählt wird. um in der malerei-metapher zu bleiben: fritz leiber benutzt die herkömmlichen farben und bringt klassische szenen auf die leinwand, die aus der ferne nett anzuschauen sind, sich aber erst beim genauen hinsehen und analysieren der verschiedenen farbschichten und tongebungen in ihrer ganzen könnerschaft offenbaren. denken sie beispielsweise an den "mann mit dem goldhelm". auf den ersten blick ein gelungenes bildnis von beeindruckender einfachheit. erst wenn man (dem original natürlich!) nah genug steht, um die einzelnen pinselstriche nachvollziehen zu können, wird einem bewusst, welch meister hier am werk gewesen sein muss.
nennen sie mich altmodisch.
aber guter stil macht für mich immer noch mindestens die hälfte des vergnügens aus.
ledaeth - 9. Apr, 09:12
start: 07.45uhr
durch den regen zum bismarckplatz, atos-klinik, hoch in den zweiten stock, radiologie, anmelden, warten, runter ins erdgeschoss, warten, MRT-bilder herstellen, hoch in den zweiten stock, bilder ansehen, durch den regen rüber nach neuenheim zum orthopäden, anmelden, warten, MRT-bilder ansehen, urteil der radiologen bestätigen, weitere vorgehensweise besprechen, empfehlung und adresse eines handchirurgen einholen, durch den regen zurück zur atos, hoch in den ersten stock, handchirurgie, anmelden, warten, MRT-bilder ansehen, bisherige diagnose mit einschränkungen anerkennen und weitere möglichkeiten durchgehen, hoch in den zweiten stock, radiologie, anmelden, rüber zur röntgenabteilung, warten, röntgenbilder herstellen, wieder runter zum handchirurgen, warten, röntgenaufnahmen ansehen und...
... entscheidung fällen.
finish: 10.45uhr
puh, und das alles auf nüchternen magen. zum glück sind die wege in heidelberg sehr kurz. und ich bin wirklich dankbar, dass alles so glatt und schnell über die bühne ging.
ledaeth - 25. Mär, 11:08
... bye, bye, junimond.
das leben hat mich wieder.
fragt sich nur noch, was das eigentlich sei.
ledaeth - 23. Feb, 12:18
im bett: auf dem bauch liegend, auf der seite liegend, an der wand sitzend.
am schreibtisch: sitzend.
am computer: sitzend.
das ständige lernen lässt mich mein zimmer verwundert aus neuer perspektive sehen, so ich denn einmal aufrecht darin stehe.
ledaeth - 30. Jan, 14:01