literatur

Donnerstag, 9. April 2009

clive barker vs. fritz leiber

mit guter fantasy-literatur ist das so eine sache. einerseits will man entführt werden in fremde welten, andererseits braucht man ein gewisses maß bekanntheit, um sich zurechtzufinden. einerseits hängt der schatten des monumentalwerkes von tolkien über dem gesamten genre, andererseits sind dessen bilder längst ausgereizt.

clive barker hat mit "abarat" eine bunte welt geschaffen, die (auch wenn der vergleich überstrapaziert ist) an mtv-werbeclips erinnert: krank, verzerrt, bunt und schnell. gute ideen für kraftvolle bilder, auch wenn die logik stellenweise hintenanstehen muss. er hat etwas neues geschaffen.
aber leider gibt es dabei ein problem, nämlich die unglaublich uninspirierte sprache: der alltägliche sprachduktus, die banale wortwahl. hier werden vor farben und monstrositäten überquellende bilder gezeichnet, aber mit dickem pinsel und ungelenkem strich. sie entwickeln ihre leuchtkraft aus der ferne, also beim einem an schnellem handlungsfortgang orientierten überfliegen des textes. wenn man näher herantritt, und sich die genaue beschaffenheit des gewebes anschaut, kann man nicht umhin, die groben striche und ausfasernden ränder zu bemerken.

ob das dem übersetzer anzulasten ist, oder dem autor, entzieht sich meiner kenntnis. jedenfalls fand ich mich nach anderthalb büchern dieser reihe entnervt aufgeben und zum rückzug antreten auf einen klassiker, dessen lektüre lange genug her war, um einen neukauf zu wagen: "die abenteuer von fafhrd und dem grauen mausling".

in fritz leiber haben wir einen an shakespear ausgebildeten autor. dieser vergleich ist zwar ebenso übertrapaziert, aber zum glück ist das nicht als vergleich gemeint, sondern biographische tatsache. mit punktgenauen worten beschreibt leiber relativ einfache szenerien und abläufe (die einer gewissen originalität durchaus nicht entbehren) derart kunstvoll, dass man jeden satz, jedes wort genussvoll aufsaugt und nur wie nebenbei bemerkt, dass hier eine spannende geschichte erzählt wird. um in der malerei-metapher zu bleiben: fritz leiber benutzt die herkömmlichen farben und bringt klassische szenen auf die leinwand, die aus der ferne nett anzuschauen sind, sich aber erst beim genauen hinsehen und analysieren der verschiedenen farbschichten und tongebungen in ihrer ganzen könnerschaft offenbaren. denken sie beispielsweise an den "mann mit dem goldhelm". auf den ersten blick ein gelungenes bildnis von beeindruckender einfachheit. erst wenn man (dem original natürlich!) nah genug steht, um die einzelnen pinselstriche nachvollziehen zu können, wird einem bewusst, welch meister hier am werk gewesen sein muss.

nennen sie mich altmodisch.
aber guter stil macht für mich immer noch mindestens die hälfte des vergnügens aus.

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