ein wiedersehen
"Hey, hallo! Du bist doch unser Lieblingstaxifahrer! Als wir da zu dieser Party gefahren sind. Erinnerst du dich?" fragt er seine Begleiterin.
"Ich bin mir nicht ganz sicher. War ich da dabei?"
"Ja, du warst dabei", kann ich bestätigen.
"Oho, wir haben anscheinend Eindruck hinterlassen", freut er sich und ich halte meine Klappe.
"Und, wie sieht’s aus, Studium beendet?"
"Ja."
"Und was machst du dann jetzt?"
"Ich hab ’nen Job in Karlsruhe ab Mai."
"Echt, als was denn?"
Ich schweige einen langen Moment und überlege, was ich preisgeben will und was nicht. Es herrscht eine Weile Schweigen im Wagen. Die Straße rumpelt unter uns dahin, während ich mit mir ringe.
"Das verrate ich nicht."
"Und warum ist das so top secret?"
Es gibt nichts mehr zu verlieren und ich wage Ehrlichkeit. "Ist kein großes Geheimnis. Ich bin mir nur nicht sicher, ob ich dir davon erzählen möchte." Er scheint unsicher, wie das gemeint ist und ich helfe ihm: "Ich glaube, ich will dich lieber im Ungewissen baumeln lassen."
Er ist verständlicherweise vor den Kopf gestoßen und braucht einen Moment, den Rückschlag zu verarbeiten.
"Jedenfalls ist das das letzte Wochenende. Ich höre dann hier auf", starte ich einen Ablenkungsversuch zur Rettung der Stimmung.
"Och, nee, wie schade. Na dann jetzt aber raus mit der Sprache: Warum magst du keine Verbindungen?"
Es ist halb sechs Uhr morgens und ich bin nicht zwangsweise auf tief schürfende Gespräche aus. Zudem ist die Frage keine ganz einfache, denn ich habe mir noch nie wirklich Gedanken darüber gemacht, was genau es ist, das mich Verbindungen so abstoßend finden lässt.
"Och Mensch, muss das sein?" Dann zum Glück eine schnelle Erkenntnis. "Ich mag einfach generell kein Geklüngel."
"Was heißt Geklüngel?"
Sie schaltet sich ein: "Du meinst Netzwerke?"
Das Wort scheint mir unpassend, es ist zu abgenutzt und bedeutungslos und schreit geradezu 'Auswendig gelernte Phrase!' Leider fällt mir auf die Schnelle kein passenderes ein.
"Genau. Geschlossene Netzwerke, die sich elitär vorkommen."
Er schweigt. Ist er getroffen? Oder muss er nur umdenken, weil seine üblichen Argumente gegen die Vorwürfe von rechtem Gedankengut und Frauenfeindlichkeit nicht mehr passen? Dafür wird sie umso lebendiger.
"Das heißt also: ins Kloster gehen?"
Ich bin irritiert, frage mich, was das mit dem Thema zu tun hat. Ist aber auch egal, denn dann fällt mir der Fehler auf. "Das wäre ja noch schlimmer."
Sie hat mein Zögern bemerkt. "Ich meine, so im Sinne von Abschottung von der gesamten Welt."
Im Gegensatz zu ihm wirkt sie sehr klar und nüchtern, so dass ich mich fragen muss, ob sie mir gerade drei Gedankenschritte voraus ist – nämlich dass der Beziehungs-Filz überall ist und man nur eine Chance hat, wenn man nach den üblichen Regeln mitspielt und sich ansonsten eben aus allem raushalten muss –, oder ob sie nicht verstanden hat, dass ein Kloster ebenfalls ein geschlossenes Netzwerk darstellt und mir nur einen weiteren Gemeinplatz entgegengeschleudert hat. Ich tendiere zu letzterem.
"Ja, schon klar, aber das ist ja dann quasi noch eine Steigerung der Geschlossenheit und bietet keine Lösung."
Dass die Lösung, die ich mir wünschen würde, Offenheit gegenüber allen Mitmenschen, eine allgemeine, allübergreifende Kommunikation auf gleicher Augenhöhe und daraus abgeleitete Chancengleichheit beinhalten würde, bleibt unausgesprochen, denn wir sind am Zielort angekommen. Während ich den Preis bekannt gebe und er sein Geld hervorkramt, startet er noch einen letzten, plumpen Versuch.
"Also, was machst du jetzt."
Inzwischen bin ich meiner Sache sicher: "Sag ich dir nicht."
"Das würde mich doch aber so sehr interessieren."
Ein hämisches Grinsen schleicht sich auf mein Gesicht. "Ich weiß. Sonst würde es ja auch nur halb so viel Spaß machen."
Das Trinkgeld kann ich mir abschminken.
"Na dann: Ich wünsche euch ein schönes Leben, wir werden uns nie wieder sehen."
"Danke, dir auch", wünscht sie, augenscheinlich aufrichtig, zurück.
Ich brause ab und fühle mich fantastisch.
Am nächsten Morgen komme ich mir unglaublich gemein vor. Die Freude ist schal und ich muss ein gewisses Bedauern unterdrücken, nicht anders gehandelt zu haben.
Aber sie hat es sowieso locker genommen, insofern kann ich mein schlechtes Gewissen ohne größere Probleme regulieren.
"Ich bin mir nicht ganz sicher. War ich da dabei?"
"Ja, du warst dabei", kann ich bestätigen.
"Oho, wir haben anscheinend Eindruck hinterlassen", freut er sich und ich halte meine Klappe.
"Und, wie sieht’s aus, Studium beendet?"
"Ja."
"Und was machst du dann jetzt?"
"Ich hab ’nen Job in Karlsruhe ab Mai."
"Echt, als was denn?"
Ich schweige einen langen Moment und überlege, was ich preisgeben will und was nicht. Es herrscht eine Weile Schweigen im Wagen. Die Straße rumpelt unter uns dahin, während ich mit mir ringe.
"Das verrate ich nicht."
"Und warum ist das so top secret?"
Es gibt nichts mehr zu verlieren und ich wage Ehrlichkeit. "Ist kein großes Geheimnis. Ich bin mir nur nicht sicher, ob ich dir davon erzählen möchte." Er scheint unsicher, wie das gemeint ist und ich helfe ihm: "Ich glaube, ich will dich lieber im Ungewissen baumeln lassen."
Er ist verständlicherweise vor den Kopf gestoßen und braucht einen Moment, den Rückschlag zu verarbeiten.
"Jedenfalls ist das das letzte Wochenende. Ich höre dann hier auf", starte ich einen Ablenkungsversuch zur Rettung der Stimmung.
"Och, nee, wie schade. Na dann jetzt aber raus mit der Sprache: Warum magst du keine Verbindungen?"
Es ist halb sechs Uhr morgens und ich bin nicht zwangsweise auf tief schürfende Gespräche aus. Zudem ist die Frage keine ganz einfache, denn ich habe mir noch nie wirklich Gedanken darüber gemacht, was genau es ist, das mich Verbindungen so abstoßend finden lässt.
"Och Mensch, muss das sein?" Dann zum Glück eine schnelle Erkenntnis. "Ich mag einfach generell kein Geklüngel."
"Was heißt Geklüngel?"
Sie schaltet sich ein: "Du meinst Netzwerke?"
Das Wort scheint mir unpassend, es ist zu abgenutzt und bedeutungslos und schreit geradezu 'Auswendig gelernte Phrase!' Leider fällt mir auf die Schnelle kein passenderes ein.
"Genau. Geschlossene Netzwerke, die sich elitär vorkommen."
Er schweigt. Ist er getroffen? Oder muss er nur umdenken, weil seine üblichen Argumente gegen die Vorwürfe von rechtem Gedankengut und Frauenfeindlichkeit nicht mehr passen? Dafür wird sie umso lebendiger.
"Das heißt also: ins Kloster gehen?"
Ich bin irritiert, frage mich, was das mit dem Thema zu tun hat. Ist aber auch egal, denn dann fällt mir der Fehler auf. "Das wäre ja noch schlimmer."
Sie hat mein Zögern bemerkt. "Ich meine, so im Sinne von Abschottung von der gesamten Welt."
Im Gegensatz zu ihm wirkt sie sehr klar und nüchtern, so dass ich mich fragen muss, ob sie mir gerade drei Gedankenschritte voraus ist – nämlich dass der Beziehungs-Filz überall ist und man nur eine Chance hat, wenn man nach den üblichen Regeln mitspielt und sich ansonsten eben aus allem raushalten muss –, oder ob sie nicht verstanden hat, dass ein Kloster ebenfalls ein geschlossenes Netzwerk darstellt und mir nur einen weiteren Gemeinplatz entgegengeschleudert hat. Ich tendiere zu letzterem.
"Ja, schon klar, aber das ist ja dann quasi noch eine Steigerung der Geschlossenheit und bietet keine Lösung."
Dass die Lösung, die ich mir wünschen würde, Offenheit gegenüber allen Mitmenschen, eine allgemeine, allübergreifende Kommunikation auf gleicher Augenhöhe und daraus abgeleitete Chancengleichheit beinhalten würde, bleibt unausgesprochen, denn wir sind am Zielort angekommen. Während ich den Preis bekannt gebe und er sein Geld hervorkramt, startet er noch einen letzten, plumpen Versuch.
"Also, was machst du jetzt."
Inzwischen bin ich meiner Sache sicher: "Sag ich dir nicht."
"Das würde mich doch aber so sehr interessieren."
Ein hämisches Grinsen schleicht sich auf mein Gesicht. "Ich weiß. Sonst würde es ja auch nur halb so viel Spaß machen."
Das Trinkgeld kann ich mir abschminken.
"Na dann: Ich wünsche euch ein schönes Leben, wir werden uns nie wieder sehen."
"Danke, dir auch", wünscht sie, augenscheinlich aufrichtig, zurück.
Ich brause ab und fühle mich fantastisch.
Am nächsten Morgen komme ich mir unglaublich gemein vor. Die Freude ist schal und ich muss ein gewisses Bedauern unterdrücken, nicht anders gehandelt zu haben.
Aber sie hat es sowieso locker genommen, insofern kann ich mein schlechtes Gewissen ohne größere Probleme regulieren.
ledaeth - 29. Apr, 12:18